Es gibt keine Arbeitgebermarke

Fachkräftemangel, Kampf um die Köpfe, Generation Y; die Schlag worte einer neuen Zeit.

Es sind nicht mehr nur die Arbeitnehmer, die sich strecken müssen, zumindest nicht die Qualifizierten. Die Arbeitswelt vollzieht eine Metamorphose. Bedürfnisse haben sich verändert. Arbeitnehmer bestimmen mit ihrem Verständnis vom Leben-und-Arbeiten ein neues Selbstwertgefühl herauf, und haben längst eine andere Perspektive gewonnen. Die Arbeitswelt der Babyboomer scheint zum Anachronismus verdammt. Eine schwarz-weiße Abbildung des Vergangenen.

Jetzt redet alle Welt von Arbeitgebermarke, von notwendigen Investitionen in das Employer Branding, konventionelles Personalmarketing hat ausgedient. Aber gibt es sie wirklich, diese ominöse Arbeitgebermarke? Nein. Zumindest ganz bestimmt nicht isoliert betrachtet. Ein Plädoyer der Fetten Beute für ein holistisches Markenverständnis.

”Einen Teil dieses wesentlichen Erfolgsfaktors einer Unternehmensmarke nennen viele Arbeitgebermarke. Sie dient natürlich dazu, die Belegschaft zu binden und zu begeistern sowie die richtigen Fach- und Führungskräfte mit selbigem Werteverständnis magnetisch anzuziehen und zu gewinnen.“

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Alles beginnt mit einem weiteren Buzzword unserer Zeit: Authentizität.
Wer ist sich eigentlich über die einfache Bedeutung des so häufig gestressten Wortes bewusst? Jeder soll oder will heute authentisch sein, aber was muss sie oder er dafür tun? Einfache Antwort: Authentizität bedeutet nichts anderes als „innen = außen“. Und mit dieser Erkenntnis ist eigentlich eine ganzheitliche Unternehmensmarke schon erklärt. Wer konsequent in Marke investieren möchte, sollte ganz tief im Inneren anfangen und das Beste davon komprimiert nach außen tragen. Was sich einfach anhört, stellt die meisten Unternehmen jedoch vor größere Herausforderungen. Sie reden von Leistungsdaten ihrer Produkte und Kennzahlen ihrer Unternehmensgröße auf der einen Seite und von guten Aufstiegschancen und Familienfreundlichkeit auf der anderen Seite. In sich hineinhorchen, Herz und Seele des Unternehmens ergründen fällt vielen Geschäftsführern, Personalverantwortlichen und Marketeers alleine schwer.

Es gibt einen gelebten Geist in jedem Unternehmen, jede lebendige Organisation hat eine Seele und einen identifizierbaren Charakter. Dennoch wird die Verantwortung für die interne Markenhebung und -verankerung zwischen Geschäftsführung, HR und Kommunikation hin- und hergeschoben. Gerade in mittelständischen Unternehmen wird dabei viel Potenzial verschenkt. Während es bei BMW eine eigene Brand Academy und bei MAN einen Erlebnisraum für jeden Markenwert gibt, schieben sich anderen Ortes Marketingleiter und Personalchefs die Verantwortung für das Internal Branding hin und her.

”Marke, das ist doch Sache des Marketings“ vs. „Die richtigen Mitarbeiter finden und binden ist doch Personalangelegenheit.“

Dabei belegen Studien: Marken werden zu rd. 1/3 von markenspezifischen Mitarbeiterverhalten geprägt. Wenn man gleichzeitig bedenkt, dass Marke von Unternehmen mittlerweile als einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren gesehen wird, schenkt man dem zweitgrößten Einflussfaktor, dem markenkonformen Mitarbeiterauftreten, dafür sehr sehr wenig Bedeutung. Im globalen Wettbewerb wird Marke als Unterscheidungsfaktor immer wichtiger. Neue Wettbewerber bieten ähnlichen oder gleichen Grundnutzen, funktional werden viele Produkte und Leistungen immer identischer. Marke differenziert, gibt Halt, zeigt Kante.

Also, in sich hineinhorchen: Was treibt ein Unternehmen an, welche Werte sind seit Gründung in ihm verankert und wie begreifen alte wie neue Kollegen dieses gelebte Selbstverständnis? Sind sinnhafte Antworten auf diese Fragen gefunden, ist ein Drittel der Wegstrecke beschritten. Management-Workshops, Fokusgruppen intern wie extern sowie Mitarbeiter-Interviews und klassische Marktforschung bei relevanten Marktteilnehmern sind probate Mittel, um dieses erste Zwischenziel zu erreichen. Nun beginnt der spannendste Teil der Ergründung, die Verdichtung, die Gewinnung des Surrogates. Viel Kondensat, die Kunst und der Mut des Weglassens.

”Schlussendlich geht es aber darum, diese Marke spürbar zu machen. Die Werte, nach denen die Organisation lebt und dauerhaft leben will, filetiert und mit vielen einzelnen Geschichten immer wieder nach innen zu kommunizieren.“

Nach der Artikulation einer klaren und einfach verständlichen Vision folgt die alltagstaugliche Übersetzung der Unternehmensziele in eine tragfähige Mission, die erklärt mit welchen täglichen Anstrengungen es gelingt, die lauten Zweifler von Visionen Lügen zu strafen. Aus Unternehmensstrategie wird Markenstrategie.

Nun gilt es, aus allen vorliegenden Informationen die Charaktereigenschaften eines Unternehmens – die Kernwerte sowie die maßgeblichen Kundennutzen – inklusive belastbarer Beweisführung – zu filtern. Nach und nach entsteht die Brand-scape eines Unternehmens, die sogenannte Landkarte einer Marke. Eine Marke, die mit emotionalen Treibern von innen heraus agiert. Und die rationalen Kraftstoff nach außen trägt – klare Kundennutzen, die deutlich unter Beweis gestellt werden. In der Mitte die Seele der Marke, der unumstößliche Kern, um den alles kreist. Eine Haltung mit Kraft, die Sonne in dem Universum des Unternehmens. Nun bleibt es, daraus eine relevante, glaubwürdige und differenzierende Positionierung in einem einzigen Satz zu manifestieren sowie ein verbindliches Markenversprechen für die Mitarbeiter und für die Kunden abzuleiten. 25 Worte, vier Sätze und in der Mitte eine Essenz – mehr ist es nicht und muss es auch nicht sein.

 

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Schlussendlich geht es aber darum, diese Marke spürbar zu machen. Die Werte, nach denen die Organisation lebt und dauerhaft leben will, filetiert und mit vielen einzelnen Geschichten immer wieder nach innen zu kommunizieren. Einen Teil dieses wesentlichen Erfolgsfaktors einer Unternehmensmarke nennen viele Arbeitgebermarke. Sie dient natürlich dazu, die Belegschaft zu binden und zu begeistern sowie die richtigen Fach- und Führungskräfte mit selbigem Werteverständnis magnetisch anzuziehen und zu gewinnen. Sie hat aber einen noch viel größeren und bedeutenderen Effekt. Sie schafft das, wozu Werbung in ihrer Wirkung nur ansatzweise imstande ist.

”Marke ist eine Haltung – keine Show. Marke ist Dauerbetrieb, intern und extern, mit definierten Ressourcen, langfristig nachhaltig und interdisziplinär.“

Sie beschert eine authentisch gelebte Marke: Für Kunden glaubhafte Markenerlebnisse an jedem Touchpoint mit dem Unternehmen. Kongruenz von kommuniziertem Versprechen und gelebtem Verhalten. Wer hält, was er verspricht, zahlt jeden Tag auf sein Vertrauenskonto ein und wird eines genießen: Erfolg. Gleich ob in Verkaufsgesprächen, auf Messen, in Serviceeinsätzen oder einfach nur am Empfang, der Telefonzentrale, im Vertriebsinnendienst oder beim Betriebsrundgang: Jeder Mitarbeiter agiert geplant oder ungeplant, positiv oder negativ, stets als Markenbotschafter, nur in unterschiedlichen Dimensionen und Reichweiten. Interne Markenverankerung nutzt zunächst die klassischen Instrumente wie Mitarbeiterzeitschriften, Events und Plakate – natürlich mit intern fokussierten Botschaften. Gerade bei global aufgestellten Unternehmen tritt zudem das Instrument des Social Intranet immer stärker in den Fokus, Dialog statt Monolog. Selbst in Personal- und Mitarbeitergesprächen kann Marke jährlich wieder kehrend immer stärker verankert werden. Marke konstituiert sich intern vor allem durch Führung. Führung, die sich an klaren Werten orientiert und am Verhalten des Führungsteams verbindlich ablesbar und spürbar wird.

Dazu gilt es jedoch, die bewusste Reflexion mit den Werten zu ermöglichen und eine emotionale Verpflichtung gegenüber der Marke im Führungsteam und darüber hinaus aufzubauen. Einen solchen Prozess aufzusetzen gelingt nur im Schulterschluss von Geschäftsführung, Marketing und HR.

So geschehen bei Mubea, der Muhr und Bender KG Attendorn. 10.000 Mitarbeiter, 1,6 Mrd. € Umsatz, 28 Produktions-, Vertriebs- und Entwicklungsstandorte weltweit. Hier hat ein Coreteam junger Manager mit Unterstützung der Geschäftsführung, Geschäftsbereichsleitung, HR und Marketing ein langfristiges Projekt zur Entwicklung einer wertebasierten, globalen Unternehmenskultur als Unterstützungsinstrument für Veränderung und Wachstum aufgesetzt. Diesen Prozess konnten wir von Anfang beraten, unterstützen, fördern und gestalten. Mit dem PreRollout zur alljährlichen Managementkonferenz mit 140 Fach- und Führungskräften aus aller Welt nahm das Projekt „Driven by the best“ seinen Anfang. Leadership Branding, um zu Vorbildfunktion anzustiften und Multiplikatoren zu gewinnen.

Dr. Thomas Muhr
Dr. Thomas Muhr, CEO MUBEA

”Letztendlich ist es entscheidend, wenn Menschen weltweit zusammenarbeiten, ob sie dieses eine gemeinsame Ziel – das Unternehmen nach vorne zu bringen – zusammen anstreben.“

Denn nur wer die Unternehmenswerte kennt und für sich interpretieren kann, kann diese vorleben. Hier hilft kein Plakatieren, wir setzen von Anfang an auf global identifizierte gemeinsame Nenner, die wir mittels emotionalem Storytelling fokussieren. Markenbezogene Geschichten werden weiter erzählt, diskutiert und stärker verinnerlicht.
Mit den großen KickOffs ab Oktober 2014 wird die gesamte Belegschaft weltweit einbezogen – ein Markengipfel pro Standort, präsentiert vom Management selbst. Neben Markenbibel und Merchandising geht ein begleitender Internetauftritt an den Start, pro Land und Standort werden Botschafter, Ansprechpartner und Mitmacher gewonnen. Um anschließend in aktiven Dialog zu treten, mittelfristig wirksame Instrumente zu etablieren, den stetigen Austausch rund um den Erdball ermöglichen. Marke nimmt seinen Lauf, von innen heraus.